Die „bewegliche Mitte“ als Ansatzpunkt für nachhaltige Verbesserungen

Frau lächelt in einer Latzhose

Autor

Dr. Marco Haferburg

Newsletter abonnieren

Wie identifiziert man im Nachgang einer Great Place To Work® Befragung die Handlungsfelder, bei denen Verbesserungsmaßnahmen den meisten Erfolg versprechen? Meistens geht der Blick hierzu auf Themen oder Bereiche mit besonders kritischen Ergebnissen, dabei sollten Sie besser auf die Beschäftigten mit inkonsistenten Erfahrungen schauen.

Eine exzellente Arbeitsplatzkultur wird durch die Summe der Erfahrungen geprägt, die die Beschäftigten im Arbeitsalltag machen. Wenn Sie wissen wollen, wo Ihre Arbeitsplatzkultur auf dem Weg zur Exzellenz steht, müssen Sie zwei Fragen beantworten: Wie positiv sind die Erfahrungen, die die Mitarbeitenden machen? Und wie konsistent sind die Erfahrungen, die im Lauf der Zeit und in unterschiedlichen Situationen gemacht werden?

Die Great Place To Work® Befragung ist ein bewährtes Instrument, um diese Fragen zu beantworten und Ansatzpunkte für Verbesserungsmaßnahmen zu finden. Entwicklungspotenzial kann dabei in einzelnen Themenfeldern liegen, bei denen viele Beschäftigte bisher keine konsistent positiven Erfahrungen machen. Entwicklungspotenzial kann aber auch bei bestimmten Beschäftigtengruppen (Organisationseinheiten, Altersgruppen, Führungsebenen etc.) bestehen, wenn diese bei vielen Themenfeldern noch keine konsistent positiven Erfahrungen machen.

Wie lässt sich nun anhand der Befragungsergebnisse das größte Potenzial für Verbesserungen finden? Häufig konzentrieren sich Unternehmen auf diejenigen Themen oder Beschäftigtengruppen, bei denen die Great Place To Work® Befragung einen hohen Anteil an negativen Erfahrungen erkennen lässt. Erfolgversprechender ist häufig ein anderer Ansatz.

Die „bewegliche Mitte“ unter Ihren Beschäftigten

Der Great Place To Work® Fragebogen bildet verschiedene Facetten der Arbeitsplatzkultur anhand von 60 Aussagen ab, die die Befragten mit Hilfe einer fünfstufigen Antwortskala von „trifft fast völlig zu“ bis „trifft fast gar nicht zu“ bewerten sollen. Eine Aussage lautet beispielsweise „Die Führungskräfte machen ihre Erwartungen klar und deutlich.“ Gefragt wird also nicht, ob Führungskräfte ihre Erwartungen klar machen sollten, sondern ob sie es im Alltag tatsächlich tun.

Die Befragten können dieser Aussage nicht nur zustimmen oder sie ablehnen, sondern diese auch mit „teils/teils“ bewerten. „Teils/teils“ drückt dabei inkonsistente Erfahrungen aus, d.h. in manchen Situationen macht jemand positive Erfahrungen, in anderen dagegen negative. Beschäftigte mit inkonsistenten Erfahrungen sind eine zentrale Gruppe, mit denen man sich bei der Ergebnisanalyse beschäftigen sollte:

  • Einerseits, weil diese Beschäftigten bereits positive Erfahrungen machen und keine stabil-kritische Haltung gegenüber ihrem Arbeitgeber (oder einzelnen Facetten ihres Arbeitsalltages) entwickelt haben. Sie bilden damit die „bewegliche Mitte“, die aktuell nicht voll zufrieden ist, es aber mit vergleichsweise geringem Aufwand werden könnte.
  • Andererseits, weil sie aufgrund ihrer unterschiedlichen Erfahrungen erklären können, welche Faktoren tatsächlich zu einer positiven Wahrnehmung beitragen. Gerade die Erkenntnis, welche Unterschiede wirklich einen Unterschied machen, sind unschätzbar wertvoll für einen systematischen Verbesserungsprozess.

Stützt man sich bei der Identifikation von Handlungsfeldern auf die „teils/teils“ – Antworten, so führen die beiden Aspekte dazu, dass Verbesserungsmaßnahmen die Bedürfnisse einer besonders gut erreichbaren Zielgruppe treffen. Wenn diese Beschäftigten merken, dass ihr Arbeitgeber ihnen zuhört und etwas ändert, werden sie in Zukunft wahrscheinlich zufriedener sein und dies auch mit Kolleginnen und Kollegen teilen.

Wie Sie die „bewegliche Mitte“ analysieren

Wenn Sie sich bei der Identifikation von Handlungsfeldern auf die „bewegliche Mitte“ stützen möchten, gibt es dafür zwei Perspektiven: Entweder Sie identifizieren anhand der einzelnen Aussagen des Fragebogens die Themenfelder, die in der gesamten Belegschaft den größten Anteil an „teils/teils“ – Bewertungen aufweisen. Oder Sie identifizieren die demografischen Gruppen oder Organisationseinheiten, die im Schnitt die meisten „teils/teils“ – Antworten aufweisen. Der Blick auf die demografischen Gruppen oder Organisationseinheiten hat den Vorteil, dass Sie mit diesen Beschäftigten im Rahmen des Folgeprozesses ins Gespräch kommen und so konkrete Ursachen besser verstehen können. Beide Ansätze haben aber ihre Berechtigung.

Einzelthemen mit der größten „beweglichen Mitte“

Die Einzelthemen mit der größten „beweglichen Mitte“ identifizieren Sie in unserer Befragungsplattform EmprisingTM am besten in der Ansicht Aussagen. Nutzen Sie dazu zunächst das Menü Sortieren, um die Aussagen nach dem Anteil an neutralen Bewertungen anzuordnen. Schauen Sie dabei, ob sich relevante inhaltliche Zusammenhänge zeigen. Wenn Sie beispielsweise viele „teils/teils“ – Antworten bei der psychischen und emotionalen Gesundheit am Arbeitsplatz haben, gibt es diese dann auch bei der Ermutigung zur Work-Life-Balance? Häufig ergibt sich bei der Betrachtung solcher Zusammenhänge ein gutes Bild von den Alltagserfahrungen der Beschäftigten.

Im zweiten Schritt lohnt es sich meistens, sich die Befragten näher anzuschauen, die in Bezug auf die identifizierten Aussagen tatsächlich mit „teils/teils“ geantwortet haben. Nutzen Sie dazu den Erfahrungsfilter, um so einen Einblick zu erhalten, wie diese Gruppe die anderen Themen des Fragebogens erlebt. Falls Sie beispielsweise nach Personen filtern, die die Gewährleistung der psychisch-emotionale Gesundheit mit „teils/teils“ bewertet haben, so sehen Sie deren Ergebnisse für alle anderen Aussagen. Stellen Sie dieser Gruppe die Ergebnisse derjenigen Befragten gegenüber, die die Aussage zur psychisch-emotionalen Gesundheit entweder zustimmend oder ablehnend beantwortet haben. Die Unterschiede geben häufig Hinweise darauf, welche Faktoren unterschiedlich erlebt werden und so besonders relevant für eine positive Wahrnehmung sind.

Die „bewegliche Mitte“ als demografische Gruppe

Wechseln Sie dann die Perspektive und identifizieren Sie die soziodemografischen Gruppen oder Organisationseinheiten, die den höchsten Anteil an „teils/teils“ – Antworten aufweisen. Am leichtesten geht das anhand des Durchschnittswerts des GPTW-Modells, also der durchschnittlichen Zustimmungsquote über die 60 Kernaussagen der Great Place To Work® Befragung. Nutzen Sie dazu in EmprisingTM die Ansicht Demografie, um die soziodemografischen Merkmale (wie Alter und Geschlecht) und ggf. die Organisationseinheiten durchzugehen. Mit Hilfe des Menüs Sortieren können Sie die Gruppen jeweils nach ihrem Anteil an „teils/teils“ anordnen.

Auch in dieser Perspektive bietet es sich häufig an, einen vertiefenden Blick auf die Einzelaussagen zu werfen. Nutzen Sie dafür in EmprisingTM wieder die Ansicht Aussagen, selektieren Sie diesmal aber mit Hilfe des Demografiefilters die Beschäftigtengruppe mit dem höchsten Anteil an inkonsistenten Erfahrungen und stellen deren Ergebnisse einer anderen Gruppe gegenüber. Falls Sie beispielsweise untere Führungskräfte als Gruppe mit dem höchsten Anteil an „teils/teils“ – Antworten identifiziert haben, so vergleichen Sie deren Ergebnisse mit den anderen Führungsebenen und/oder den Mitarbeitenden ohne Führungsverantwortung. Unterschiedliche Wahrnehmungen helfen auch hier, ein besseres Verständnis der wirklich relevanten Einflussfaktoren zu erlangen.

Wie schon erwähnt bietet der Blick auf eine demografische Gruppe oder Organisationseinheit den Vorteil, dass Sie im Rahmen des Folgeprozesses weiter mit dieser Gruppe arbeiten können. Leitfragen für den Austausch sind dabei:

  • Hintergrund: Welcher Umstand trägt zu einer negativen Erfahrung bei? Haben die Führungskräfte beispielsweise tatsächlich keine klare Vorstellung von den Unternehmenszielen oder kommunizieren sie diese „nur“ unzureichend?
  • Situation: In welchen Situationen werden positive Erfahrungen gemacht, in welchen negative? Gibt es Anlässe oder Themen, bei denen Führungskräfte die Unternehmensziele beispielsweise klarer kommunizieren als sonst?
  • Bedürfnisse: Wie lassen sich die Einflussfaktoren positiver gestalten, um so zu einer konsistent positiven Erfahrung zu kommen?

Die Auseinandersetzung mit diesen Fragen ist ein vielversprechender Weg, um die größten Stellhebel für nachhaltige Verbesserungen zu finden. Unterstützen kann Sie dabei auch unser Consulting-Team.

Kritische Antworten nicht vernachlässigen

Die Identifikation von Handlungsfeldern auf Basis der „teils/teils“ – Antworten ist ein großartiger Ansatz für schnelle und nachhaltige Verbesserungen. Unter bestimmten Gesichtspunkten lohnt es sich allerdings trotzdem, sich die kritischen Antworten genauer anzuschauen:

  • Wenn beispielsweise die notwendigen Mittel und die Ausstattung für die Erledigung der Aufgaben fehlen, so ergibt sich hieraus ein klarer Handlungsbedarf. Je nach Unternehmen können andere Themenfelder absolute must haves sein, bei denen ablehnende Antworten nicht akzeptabel sind.
  • Ebenso können kritische Bewertungen bei Führungs- oder Fairnessthemen den grundlegenden Unternehmenswerten widersprechen, so dass diese Themen deutlich hinter dem eigenen Anspruch zurückbleiben. Im Sinne der Glaubwürdigkeit und Integrität kann sich auch hier ein Handlungsbedarf ableiten.
  • Im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung lassen sich viele Aussagen des Fragebogens als Belastungsfaktoren interpretieren, sofern sie ablehnend beantwortet werden. In diesem Sinne ergibt sich ein Handlungsbedarf, wenn beispielsweise die körperliche Sicherheit von vielen Befragten als nicht gegeben bewertet wird.

In diesen und ähnlichen Situationen ergibt sich aus einem hohen Anteil an ablehnenden Antworten ein sinnvoller Handlungsbedarf, auch wenn positive Veränderungen hier häufig schwerer zu erreichen sind als bei Themen mit einem hohen „teils/teils“ Anteil.

Nachhaltige Verbesserung

Der Blick auf die „bewegliche Mitte“ ist ein hervorragender Ausgangspunkt für eine nachhaltige Verbesserung des Mitarbeiterengagements und der Produktivität Ihres Unternehmens. Die Analyse dieser Gruppe und der Austausch mit deren Mitgliedern bietet die Chance, die relevanten Einflussfaktoren von positiv wahrgenommenen Erfahrungen zu verstehen. Verbesserungsmaßnahmen können so gezielter aufgesetzt und bessere Ergebnisse schneller realisiert werden. Durch die positive Ausstrahlung auf andere Beschäftigten erreichen Sie schließlich positivere und konsistentere Erfahrungen für das gesamte Unternehmen.

Möchten Sie die „bewegliche Mitte“ in Ihrem Unternehmen und die Erfahrungen Ihrer Mitarbeitenden besser verstehen? Kommen Sie mit uns ins Gespräch!

 

Wenn Sie mehr über die Great Place To Work® Nachhaltigskeitsthemen erfahren wollen, klicken Sie hier!

Mehr Informationen zu den Nachhaltigkeitsthemen!

Weitere spannende Beiträge

Die neuesten Nachrichten, Technologien und Ressourcen von unserem Team.