Inhaltsübersicht
Autor
Dr. Karsten Schulte-Deußen
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Der Artikel wurde ursprünglich als Teil 2 der Themenreihe “Mitarbeiterbefragung” auf haufe.de veröffentlicht.
Kultur ist ein unscharfes Konzept. Edgar Schein, der Begründer der Forschung zum Thema Unternehmenskultur, versteht darunter ein Set von – teilweise unbewussten – Grundannahmen einer Organisation, die als der richtige Weg in der Wahrnehmung von Problemen sowie des Denkens und Fühlens angesehen werden, um erfolgreich zu sein.
Wenn sich also Unternehmen auf den Weg machen, ihre Kultur zu gestalten, um Engagement und Bindung ihrer Mitarbeitenden zu fördern und gleichzeitig einen nachhaltigen Beitrag zum Erfolg zu leisten, kommt es im Sinne von Peter Drucker darauf an, das, was erreicht werden soll, messbar zu machen: “If you want it, measure it. If you can`t measure it, forget it.”
Geht es darum, Unsichtbares und Unbewusstes im Unternehmen messbar zu machen, haben sich Mitarbeiterbefragungen als Methode der Wahl etabliert. Eine Befragung von Great Place to Work® aus dem Jahr 2018 zeigt, dass rund 40 Prozent der Unternehmen in Deutschland mit mindestens 50 Mitarbeitenden in einem Zeitraum von drei Jahren vor der Befragung mindestens eine Mitarbeiterbefragung durchgeführt haben. Der Erfolg indes war ausbaufähig: Nur jeder dritte Befragte sagt, dass die Befragung dann auch zu spürbaren Veränderungen geführt hat.
Inhalte einer Mitarbeiterbefragung: Führungsthemen, Wertschätzung und Teamgeist
Eine Mitarbeiterbefragung sollte natürlich solche – und auch nur solche – Themen enthalten, die für die Förderung von Bindung und Engagement relevant sind. Hierzu lässt sich auf umfangreiche Forschungsarbeiten aus der Arbeitspsychologie, aber auch auf eine Vielzahl von Modellen in der angewandten Forschung zurückgreifen. Die Forschung zeigt hier einen eindeutigen Trend: Treiber für Bindung und Engagement sind zunächst Führungsthemen. Hier geht es prinzipiell um eine große Bandbreite, die vom Vertrauen in Führung bis hin zum Verhalten von Führungskräften im Alltag – etwa bei der internen Information, der Einbindung in Entscheidungen oder des Einhaltens von Versprechen – reicht.
Weitere zentrale Aspekte einer Mitarbeiterbefragung sollten die Themen Wertschätzung und Teamgeist sein. Wertschätzung meint damit nicht nur monetäre Anerkennung durch Gehalt und etwaige Bonuszahlungen, sondern auch nicht monetäre Anerkennung, die Mitarbeitende für gute Leistung oder generell als Person erfahren. Beim Teamgeist ist – wie bei Führungsthemen übrigens auch – darauf zu achten, nicht nur auf einen guten Zusammenhalt im unmittelbaren Arbeitsumfeld zu fokussieren. Unterschiede zwischen sehr guten und weniger guten Arbeitgebern treten vor allem dann zu Tage, wenn eine Befragung auf die Zusammenarbeit über Team- und Bereichsgrenzen hinweg abzielt.
Wissenschaftliche Forschung identifiziert darüber hinaus Aspekte, die die Arbeitstätigkeit selbst betreffen, als zentrale Einflussgrößen auf Bindung und Engagement. Dies sind zum Beispiel Entscheidungskompetenzen oder Möglichkeiten, sich die Arbeit selbst einzuteilen. Auch die sogenannte “Augenscheinvalidität” ist wichtig für eine Mitarbeiterbefragung. Ein Fragebogen sollte die Themen enthalten, die aus der subjektiven Sicht der Mitarbeitenden wichtig sind, losgelöst davon, was die Forschung sagt. So sollte beispielsweise keine Befragung auf das Thema Bezahlung verzichten, auch wenn die Forschung mittlerweile seit mehr als 50 Jahren zeigt, dass die Zufriedenheit mit der Bezahlung in der Regel ein Hygienefaktor ist, der Bindung und Engagement weniger stark treibt als die Themen Führung, Anerkennung oder Teamgeist.
Jedes Unternehmen, das eine Mitarbeiterbefragung konzipiert, steht vor einer Make-or-Buy-Entscheidung: Ist es besser, einen eigenen Fragebogen zu entwickeln, um den Besonderheiten der eigenen Organisation voll gerecht zu werden oder einen Fragebogen “von der Stange” zu nehmen? Externe Benchmarks sind ein starkes Argument für letzteren Ansatz. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Auswertungen auf der Basis von mehr als 300.000 Teilnehmenden an der Great-Place-to-Work-Mitarbeiterbefragung zeigen, dass sich in allen Unternehmen in Deutschland 29 Prozent aller Mitarbeitenden angemessen am Unternehmenserfolg beteiligt fühlen. In den fünf Prozent der besten Unternehmen in Deutschland liegt dieser Wert bei 64 Prozent – deutlich über dem Bundesdurchschnitt.
Bei anderen Themen fallen die Werte ganz anders aus. So wäre ein Ergebnis von 64 Prozent Zustimmung bei der Frage, ob Mitarbeitende die Arbeitsmittel erhalten, die sie brauchen, um ihre Arbeit gut zu erledigen, als klar unterdurchschnittlich einzustufen. Bei dieser Frage beträgt der Bundesdurchschnitt 70 Prozent. Ein exzellentes Ergebnis liegt hier bei mindestens 95 Prozent.
Darüber hinaus ist die motivierende Kraft von Benchmarks nicht zu unterschätzen: Vergleichswerte, die aufzeigen, wo die besten Arbeitgeber stehen, sind durchaus geeignet, den “sportlichen Ehrgeiz” zu stimulieren. Das Ziel einer Zertifizierung oder Auszeichnung als sehr guter Arbeitgeber auf der Basis von Mitarbeiterbefragungsergebnissen hat großen Potenzial, das Commitment des Top Managements herzustellen und die notwendigen Ressourcen für eine erfolgreiche Kultur zu mobilisieren.
Sofern sich ein Unternehmen dafür entscheidet, einen am Markt verfügbaren Ansatz der Mitarbeiterbefragung zu nutzen, gibt es in der Forschung seit vielen Jahren etablierte Gütekriterien, mit denen sich die Qualität eines Ansatzes prüfen lässt. Auch wer kein Statistiker ist, sollte recherchieren, ob ein Anbieter überhaupt Angaben zur Güte seines Befragungsinstruments macht. Dazu gehören beispielsweise Beschreibungen, wie der Fragebogen entwickelt, an welcher Stichprobe dieser verprobt wurde und in welchem Umfang externe Vergleichswerte zur Verfügung stehen.
Kriterien der Validität betreffen die Fragestellung, inwieweit ein Fragebogen tatsächlich das misst, was dieser zu messen vorgibt. In der Praxis heißt das in der Regel, dass Korrelationen mit Kennziffern wie Krankenstand, Fluktuation, aber durchaus auch betriebswirtschaftlichem Erfolg hilfreich sind, um die Güte eines Befragungsansatzes zu bewerten. Schließlich hilft es nicht, etwas zu messen, was am Ende keinen Einfluss auf den Erfolg eines Unternehmens hat.
Die Reliabilität, also die Zuverlässigkeit der Messung, sollte das geringste Problem bei der Entwicklung eines Fragebogens darstellen. Entsprechende statistische Kennziffern, die darlegen, inwieweit eine Befragung unter unterschiedlichen Bedingungen der Messung zu einem vergleichbaren Ergebnis führen, sind als Basisanforderungen zu verstehen.
Ein solides sozialwissenschaftliches Fundament ist wichtig, um ein gutes Mitarbeiterbefragungsprojekt durchzuführen. Dies sollte zumindest etwaige Methodendiskussionen nach Vorliegen der Befragungsergebnisse minimieren. Wichtiger ist das wissenschaftliche Fundament ist allerdings der Anspruch, bei der Konzeption eines Befragungsprojekts den Folgeprozess mitzudenken.
Die zentrale Fragestellung in der Konzeption sollte nicht darin liegen, wie der Zustand der Unternehmenskultur möglichst differenziert diagnostiziert werden kann, sondern wie eine Befragung einen produktiven Dialog über die wichtigsten Handlungsfelder stimulieren kann. Hier ist bei der Konzeption des Fragebogens manchmal weniger mehr.
Aspekte wie eine zeitnahe Bereitstellung der Befragungsergebnisse, eine aktive Einbindung der Mitarbeitenden in die Ergebnisbesprechungen und Maßnahmenentwicklung sowie Erfolgskontrollen durch Folgebefragungen spielen eine wichtige Rolle. Im nächsten und letzten Teil unserer Artikelserien sollen diese Themen im Zentrum stehen.
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