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Autor
Martina Spießl
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Frau Kleber, Geschäftsführerin eines IT-Unternehmens, ist ratlos: „Was sollen wir noch alles tun – unsere Mitarbeiter haben Firmenautos bekommen, wir machen anspruchsvolle Projekte, wir zahlen nicht schlecht und trotzdem schaue ich jeden Morgen in hängende Gesichter und ständig wird herumgenörgelt“.
Meine Coachings mit Frau Kleber und den beiden anderen Geschäftsführern, drehen sich um die Fragen, wie man gut qualifizierte Mitarbeitende an Board holt, wie man sie dauerhaft hält und vor allem wie eine förderliche Arbeitsplatzkultur entstehen kann. Eine Arbeitsplatzkultur, die Wollen und Können der Mitarbeitenden fördert und die richtigen Rahmenbedingungen dafür schafft. Wie gehe ich als Businesscoach und Prozessberater mit diesen Fragestellungen um?
Unabhängig davon, wen man fragt, Ideen und Ansätze kennt jeder. Man kann Gesundheitsvorsorge betreiben, Weiterbildungsmöglichkeiten bieten, Gehälter erhöhen, Führungskräfte schulen, die Mitarbeitenden mehr beteiligen, klarer kommunizieren, eine Betriebsfeier organisieren – die Möglichkeiten sind endlos. All das kostet Geld und Ressourcen.
Als Berater und Coach weiß ich: Es gibt keine Standardlösung. Wichtig ist, mit den Mitarbeitenden und den Führungskräften in einen guten, strukturierten Dialog zu kommen. Daraus ergeben sich fast immer individuelle Lösungen für das jeweilige Unternehmen und seine Mitarbeitenden. Ein Instrument in diesem Prozess kann eine Mitarbeiterbefragung mit anschließenden Dialogformaten sein. Durch eine solche Befragung erhält das Unternehmen Hinweise darauf, welche Vorbehalte die Mitarbeitenden haben und wo die entscheidenden Hebel für eine Verbesserung der Kultur im Unternehmen liegen. Letztlich geht es darum herauszufinden, was im Unternehmen verändert werden muss, damit die Arbeitsplatzkultur nachhaltig positiv verändert werden kann. Wie können Hindernisse abgebaut und die Motivation und Zusammenarbeit der Mitarbeitenden gefördert werden?
Als freiberuflicher Coach arbeite ich mit Standardbefragungen. Diese werden von spezialisierten Unternehmen wie Great Place to Work®oder Ipsos angeboten. Damit stelle ich sicher, dass die Ergebnisse wissenschaftlich fundiert sind und Vergleichswerte mit ähnlichen Unternehmen zur Verfügung stehen. Auch über die Einhaltung von Datenschutz und Anonymität muss ich mir keine Gedanken machen, Mitarbeiterbefragungsinstitute haben dafür prozessual und technisch erprobte sowie verlässliche Lösungen. Der Befragungsansatz von Great Place to Work® bewertet beispielsweise das, was Mitarbeitende im Alltag erleben – von der offenen Kommunikation über die Anerkennung bis hin zur Zusammenarbeit im Team. Diese Alltagserfahrungen werden dann übergeordneten Werten zugeordnet. Die dahinterliegende Annahme ist, dass sich eine gute Arbeitsplatzkultur durch die Werte Glaubwürdigkeit, Respekt, Fairness sowie Stolz und Teamgeist ausdrückt. Ein besonderer Fokus liegt auf den Themen Führung und Einwicklung einer Vertrauenskultur.
Sicher ist: eine gute Arbeitsplatz- und Unternehmenskultur macht Unternehmen innovativer und erfolgreicher. Sie erhöht die Leistungsbereitschaft und Motivation von Mitarbeitenden. Dies ist immer wieder wissenschaftlich nachgewiesen worden, z.B. zeigt eine repräsentative Studie der Daten von Great Place to Work®, dass Unternehmen, die für gute Arbeitsplatzkultur ausgezeichnet wurden, 3 Mal so viele Bewerbungen erhalten, 74 % weniger Kranke haben und 50 % weniger Kündigungen erhalten.
Standardberichte geben Aufschluss darüber, wie es für das gesamte Unternehmen aussieht. Die Ergebnisse werden aber auch auf einzelne Teams heruntergebrochen. Damit erhalten Führungskräfte gezielt Informationen darüber, wo die Stärken und Handlungsfelder im Team liegen.
Wie würde ein Befragungsprojekt ablaufen? Zunächst einmal ist natürlich eine gute Planung erforderlich. Es muss den Beteiligten zu Beginn klar sein, wie mit den Ergebnissen umgegangen wird und welche Folgeprozesse angestoßen werden. Nichts ist schlimmer als Ergebnisse, die keine Beachtung finden oder möglichweise sogar unter Verschluss gehalten werden. Für den Erfolg meiner Arbeit ist es unerlässlich, dass die Führungscrew ein ehrliches Interesse daran hat, mit den Ergebnissen zu arbeiten. Ohne dieses Commitment kann die Befragung sogar negative Entwicklungen auslösen. „Erst werden wir gefragt und dann ändert sich doch wieder nichts“ – Ein Fazit, wie dieses hätte große Auswirkungen auf die zukünftige Bereitschaft sich in den Prozess einzubringen.
Natürlich müssen auch die organisatorischen Rahmenbedingungen passen. Für jede Organisationseinheit mit > 5 Mitarbeitenden kann ein Bericht angefertigt werden. Kleinere Einheiten als 5 werden zur nächsthöheren Einheit zusammengefasst. Für die Auswertung nach Teams ist es zudem hilfreich, wenn die Organisationsdaten des Unternehmens zum Zeitpunkt der Befragung stabil sind. Natürlich lebt die Organisation oftmals weiter, sodass Führungskräfte der Teams im Befragungszeitraum gewechselt haben. Um das zu minimieren, ist es wichtig, die Ergebnisse nach der Befragung zügig auszuwerten und Folgeprozesse unmittelbar zu starten.
In der Kommunikation des Unternehmens zur Befragung kommt es auf das „Why“ an. Warum tun wir das? Was wollen wir erreichen? Worauf kommt es uns an? Im Idealfall fühlt sich jeder Einzelne angesprochen und kann überzeugt werden, dass jede Stimme und jeder Beitrag zur Weiterentwicklung der Kultur wichtig ist, um Veränderung und Verbesserungen anzustoßen. Die Argumente dürften in etwa ähnlich sein, wie ein Wahlaufruf. Wer etwas verändern will, muss sich äußern und teilnehmen.
Damit im Tagesgeschäft die laufende Befragung nicht in Vergessenheit gerät, sind Reminder und Aufrufe über die sozialen Medien im Unternehmen unerlässlich. Um die Beteiligungsquote zu erhöhen, helfen tägliche Zwischenstände und Vergleiche des prozentualen Anteils abgegebener Stimmen zwischen den Organisationseinheiten.
Ganz wichtig ist es auch, den Betriebsrat von der Befragung und den Folgeprozessen zu überzeugen. Themen in diesem Zusammenhang sind insbesondere Anonymität und Datenschutz. Auch etwaige Vorbehalte der Führungskräfte müssen behandelt werden, beispielsweise die Frage, welcher Personenkreis die Rückmeldung zum eigenen Führungsverhalten sehen darf.
Für die Befragung arbeite ich mit einem Dienstleister, der die professionelle Durchführung sicherstellt. Die Abbildung zeigt einen Ausschnitt aus den 67 Fragen des Fragebogens. Hinzu kommen offene Fragen, die eine wertvolle Quelle für Mitarbeitermeinungen im Originallaut sind. „Gibt es in Ihrer Organisation etwas Außergewöhnliches oder Spezielles, durch das sich diese als Arbeitsplatz ganz besonders positiv hervorhebt?“ oder „Wenn Sie eine Sache ändern könnten, um Ihre Organisation zu einem besseren Arbeitgeber zu machen, was wäre das? Bitte nennen Sie konkrete Beispiele.“ Weiterhin kann das Unternehmen eigene offene Fragen definieren z.B. zu konkreten Zukunftsprojekten. Teamergebnisse gehen nur an die betroffenen Teams. Das Management erhält die aggregierten Ergebnisse.
„Wir sind noch nicht gut genug und wollen uns nicht auf halber Strecke abwatschen lassen.“ Auch wenn dieser Eindruck unter den Verantwortlichen herrscht, lohnt es sich zu argumentieren. Eine Anfangsmessung hilft, um Wirksamkeit von anschließend durchgeführten Maßnahmen zu erkennen und nachweisen. Maßnahmen können viel gezielter ausgewählt werden, wenn klar ist, worauf diese einzahlen.
„Wir sind zu klein.“ Auch für kleine Unternehmen lohnt sich eine Befragung. Eine anonyme Befragung fördert meist mehr Erkenntnisse zutage, als ein Teamworkshop, da ehrlicher geantwortet wird und die Mitarbeitenden sich mehr trauen. Bei kleinen Einheiten ist besonders darauf zu achten, dass Rückschlüsse auf die Antworten einzelner Personen nicht möglich sind.
„Wir können nichts verändern.“ Sicherlich wird sich nicht alles verändern lassen, oftmals sind beispielsweise Gehaltsanpassungen ausgeschlossen. Jedoch lohnt es sich zu jeder Zeit, an Themen wie Vertrauen, Respekt und Anerkennung zu arbeiten. Das muss auch nicht viel Geld kosten. Oft zeigen sich Handlungsfelder wie Unternehmenskommunikation oder Führungsthemen. Durch die Befragung werden konkrete Handlungsbedarfe aufgezeigt. Die großen Hebel werden sichtbar, und das sind oft nicht die, die besonders kostenintensiv sind. Manchmal sind es kleine Renovierungsarbeiten, die einen großen Effekt erzielen, einige Male waren die Mitarbeiter sogar bereit, selbst Hand anzulegen. Das zeigt doch echtes Commitment!
Sobald die Ergebnisse vorliegen werden sie mit der Unternehmensleitung besprochen. Erste Anhaltspunkte und Tendenzen werden sichtbar. Danach beginnt die Arbeit mit den Teams. Zum Auftakt bespreche ich das Ergebnis zunächst mit der Führungskraft im Einzelgespräch. Der Blick auf Auffälligkeiten und Abweichungen zum Unternehmensergebnis helfen, Probleme für das Team zu erkennen. Was überrascht die Führungskraft, worin fühlt sie sich bestätigt? Was wirkt vielleicht auch enttäuschend? Ich achte dabei besonders auf einen sensiblen Umgang mit kritischen Rückmeldungen zur Führung. Schließlich geht es nicht darum, die Führung an den Pranger zu stellen, sondern gezielte Ansatzpunkte für den Führungsalltag zu erarbeiten.
Manchmal ist es auch hilfreich, im Einstiegsgespräch mit Vergleichswerten anderer Unternehmen zu arbeiten. Meine Kundin Frau Kleber interessiert beispielsweise ganz konkret wie vergleichbare IT-Unternehmen abschneiden und welche Personalmaßnahmen diese Firmen wählen. Nicht zuletzt gibt das auch Aufschluss darüber, wie attraktiv sie als Arbeitgeber auf dem Arbeitsmarkt wirkt.
Die Motivation der Mitarbeitenden im Rahmen dieses Prozesses ist nicht immer von Beginn an hoch. Daher betone ich immer wieder: „Es ist Ihr Projekt! Es liegt an Ihnen, die Zeit hier zu nutzen.“ Ziel ist es, in kleinen Schritten Verbesserungen bei der Umsetzung der Werte Glaubwürdigkeit, Respekt, Fairness, Stolz und Teamgeist zu erreichen.
Das Befragungsergebnis gemeinsam im Team anzuschauen dient dabei oft als Türöffner, um besser miteinander ins Gespräch zu kommen. Der Bericht kann kommentiert werden und regt zur Diskussion an. Wichtig ist dann für mich als Begleiter, an der richtigen Stelle in konkrete Maßnahmenerarbeitung überzuleiten.
In den Folgeworkshops geht es um einen ungeschminkten Dialog miteinander. Als Coach und Prozessbegleiter lenke ich den Fokus auf alltagsnahe Ideen für Verbesserungen, die vom Team eigeninitiierbar sind. Ideen für andere sind in diesem Zusammenhang nur das zweitbeste Ergebnis.
Wer sich bis wann um die Umsetzung der einzelnen Ideen kümmert, halte ich für die Gruppe fest. So gibt es einen klaren Fahrplan für die Umsetzung.
Kulturveränderung benötigt Zeit und Kontinuität. Daher sollten Befragungen in regelmäßigen Abständen, z.B. alle zwei Jahre durchgeführt werden, um Veränderungen sichtbar zu machen und den Erfolg der umsetzten Maßnahmen zu zeigen.
Mitarbeiterbefragungen sind ein wertvolles Instrument für Coaches, deren Mission wertorientierte Unternehmenskulturen sind.
Martina Spießl, Coach für wirksame Kommunikation und wertorientierte Unternehmenskultur in Frankfurt am Main. Kooperationspartner von Great Place to Work ®
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