Mental Load – Was Unternehmen tun können, damit unsichtbare Sorgearbeit nicht krank macht

Frau denkt am Schreibtisch nach

Autor

Marie Sander

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Sie besorgen jedes Jahr das Geburtstagsgeschenk für Ihre Kolleg*innen? Sie sorgen dafür, dass die Pflanzen bei der Arbeit genügend Wasser bekommen? Sie sind immer erreichbar, um auf mögliche Probleme reagieren zu können? Optimieren Sie Ihren Umgang mit psychischer Belastung im Arbeitskontext, indem Sie wirksame Strategien entdecken.

Mental Load ist die Belastung, die durch das Organisieren, Planen und Koordinieren der täglichen Aufgaben entsteht. Die zu organisierenden Aufgaben können sehr vielfältig sein. Beispiele sind die Organisation von Terminen für sich selbst und für Familienmitglieder, das Erinnern an wichtige Gedanken, die im Gedächtnis behalten werden müssen, Haushaltsaufgaben und deren Organisation sowie die Antizipation zukünftiger Bedürfnisse und Probleme.

In vielen Fällen wird ein großer Teil dieser mentalen Arbeit von Frauen geleistet, was zu Stress und Überlastung und im Extremfall zu Burnout führen kann.
Das Thema psychische Belastung ist auch im Arbeitskontext relevant. Es droht vor allem bei jenen Mitarbeitenden zum Problem zu werden, die – meist ungefragt – die Verantwortung für all die unsichtbaren oder wenig geschätzten Aufgaben übernehmen, die nicht in den Stellenbeschreibungen der Mitarbeitenden auftauchen. Häufig sind es immer wieder dieselben Personen, die diese Aufgaben übernehmen und so unsichtbar dazu beitragen, dass sich andere wohl fühlen, Arbeitsplätze und Teeküchen aufgeräumt sind, das Team arbeitsfähig bleibt und Projekte vorankommen.

Psychische Belastung am Arbeitsplatz kann z. B. so aussehen

Für eine Besprechung werden die Kalender aller Beteiligten geprüft, ein passender Termin gefunden und Einladungen verschickt. Den anwesenden Gästen wird Kaffee oder Tee angeboten, die Büropflanzen werden gegossen und es wird dafür gesorgt, dass alle Teilnehmer die notwendigen Unterlagen erhalten. Während des Meetings wird selbstverständlich ein Protokoll geführt. Außerdem kümmert man sich um eine defekte Glühbirne im Flur und meldet dies der Hausverwaltung. Geburtstage von Kolleginnen und Kollegen werden nicht übersehen, ein Gruppengeschenk wird überlegt, besorgt und das Geld von allen eingesammelt. Für eine Kollegin in Elternzeit wird ein passendes Teamevent geplant und beim Catering wird darauf geachtet, dass eine Mitarbeiterin eine Glutenunverträglichkeit hat.
Für sich genommen sind das kleine Aufgaben. Doch wenn sie sich häufen und immer wieder von denselben Mitarbeitenden erledigt werden, kann das zum Problem werden. Und auch der private Mental Load kann sich auf die Arbeitsleistung, die Karriere und den „freien Kopf bei der Arbeit“ auswirken.

Die psychische Belastung im Arbeitskontext ist eine Fortsetzung der bestehenden ungleichen Verteilung von Haus- und Betreuungsarbeit zwischen Frauen und Männern. Organisationen sollten Maßnahmen ergreifen, die den Abbau traditioneller Geschlechterarrangements und Arbeitsteilungen fördern. Sehr gute Arbeitgeber ergreifen Maßnahmen, um die psychische Belastung aufzufangen. Diese können in die folgenden Aspekte unterteilt werden:

Das Verborgene sichtbar machen: Sensibilisierung für psychische Belastungen

Es ist sehr wichtig, dass sowohl die Mitarbeitenden als auch das Management zunächst für das Thema psychische Belastung sensibilisiert werden. Dies kann relativ einfach durch Schulungen oder Kurzvorträge erreicht werden. Personen, die zu einer hohen psychischen Belastung neigen, sollten lernen, Prioritäten zu setzen und “Nein” zu klassischen Mental-Load-Aufgaben zu sagen. Auf der anderen Seite werden Führungskräfte sensibilisiert, die im Team anfallenden Betreuungsaufgaben auf alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verteilen.

Psychische Belastungen erkennen

In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig, psychische Belastungen frühzeitig zu erkennen. Beispielsweise können regelmäßige Checks zwischen Mitarbeitenden und Vorgesetzten durchgeführt werden. Dabei wird das Wohlbefinden in Bezug auf die eigene Tätigkeit, die Zusammenarbeit und mögliche Herausforderungen thematisiert. So kann zum Beispiel überprüft werden, wer die größte psychische Belastung trägt und ob diese gerecht verteilt ist.

Sehr gute Arbeitgeber arbeiten darüber hinaus mit professionellen externen Coaches oder Therapeut*innen zusammen. Hier können Beschäftigte zum Beispiel lernen, individuelle Zeitfresser und Stresspotenziale zu erkennen und Strategien zu entwickeln, um Belastungen erfolgreich zu bewältigen. Hier können zum Beispiel Stressprofile erstellt und effektive Instrumente und Methoden des Zeitmanagements sowie Zeitplantechniken erlernt werden.

Die Anerkennung des Mental Loads

Zudem ist es wichtig, dass Mitarbeitende, die vermehrten Mental Load übernehmen, nicht unbemerkt bleiben und dafür Lob und Anerkennung erhalten. Eine schöne Möglichkeit sind sogenannte “Kudos-Karten”. Auf diesen Karten können spezielle Tätigkeiten oder die Person selbst gelobt werden. Außerdem können diese Karten dazu genutzt werden, sich bei Personen zu bedanken. Die Karten sind der Beweis, dass nicht immer eine große Geste gebraucht wird, um gegenseitige Wertschätzung zu zeigen.

Stellen schaffen und Services in Anspruch nehmen

Nachdem das Bewusstsein für die unsichtbare psychische Belastung geschärft wurde, ist es sinnvoll, strategisch zu überlegen, ob die unbezahlten und unsichtbaren Aufgaben ausgelagert oder einer festen Stelle zugeordnet werden sollen. So werden z.B. Reinigungskräfte, Hausmeister oder ein Concierge-Service damit beauftragt, ein angenehmes Arbeitsumfeld zu schaffen. Einige herausragende Arbeitgeber stellen dazu Personen als Feel-Good-Manager*innen ein, die dafür sorgen, den Wohlfühlfaktor insgesamt zu steigern. Ihre Aufgabe ist es, auf die Bedürfnisse aller Mitarbeitenden einzugehen und eine konstruktive Zusammenarbeit zu fördern. Wenn die Organisation kein Budget für eine eigene Feel-Good-Management-Stelle hat, gibt es auch die Idee, ein*e „Herzlichkeitsbeauftragte*n“ pro Team zu haben, der*die sich um die Stimmung kümmert und dies auch als offizielle Aufgabe im Stellenprofil hat.

Persönlichen Mental Load reduzieren

Auch die persönliche psychische Belastung kann das Stressniveau und die Arbeitsleistung beeinflussen. Führende Arbeitgeber in Deutschland bieten daher auch Leistungen an, die das Privatleben erleichtern. Dazu gehört zum Beispiel die Möglichkeit, das Kantinenessen in mikrowellengeeigneten Behältern mit nach Hause zu nehmen. Auch ein Wäscheservice, ein Eltern-Kind-Büro bzw. eine Notfallbetreuung für Kinder, Unterstützung beim Umzug oder bei Behördengängen (z.B. Elterngeldantrag) sind Angebote, die bei sehr guten Arbeitgebern zu einer Entlastung der Mitarbeitenden führen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Thema Mental Load im Arbeitskontext eine wichtige Rolle spielt. Mental Load kann sowohl im privaten als auch im Arbeitskontext zu einem psychischen Belastungsfaktor werden, auch weil es oft gar nicht oder viel zu spät “angegangen” wird. Dies mag auch daran liegen, dass die Organisation alltäglicher Aufgaben, die mit psychischer Belastung verbunden sind, von vielen Menschen als trivial und “nicht der Rede wert” angesehen werden und oft unsichtbar bleiben. Es ist wichtig, ein Bewusstsein für die verschiedenen Formen psychischer Belastung zu schaffen und Mechanismen einzuführen, die eine gerechtere Verteilung der Aufgaben und eine angemessene Anerkennung der geleisteten Arbeit gewährleisten. Durch gezielte Maßnahmen wie regelmäßige Gesundheitschecks, Wertschätzung der Leistung und Entlastungsangebote im Berufs- und Privatleben können Organisationen dazu beitragen, ein gesundes Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem die Mitarbeitenden langfristig ihr volles Potenzial entfalten können.

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