Inhaltsübersicht
Autor
Karsten Schulte-Deußen
Bettina Meyer
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Insgesamt ist festzustellen, dass das Thema Gesundheit an sich sowie auch die dahinterliegenden Bedürfnisse der Mitarbeitenden vielschichtig und komplex sind. Es ist daher nur ein erster Schritt, vereinzelte herausragende Maßnahmen anzubieten. Exzellente Arbeitgeber kombinieren daher unterschiedliche Herangehensweisen für ein rundum gesundes Arbeitsumfeld und schaffen so positive Bedingungen in der gesamten Organisation. Dabei ermitteln sie – etwa über Befragungen im Rahmen einer psychischen Gefährdungsanalyse – systematisch die Bedürfnisse der Mitarbeitenden sowie potenzielle Risiken für ihre psychische Gesundheit und setzen dementsprechend Maßnahmen auf.
Maßnahmen zur Förderung der psychischen Gesundheit kommen bei sehr guten Arbeitgebern selten allein. Vielmehr sind diese eingebettet in ein Betriebliches Gesundheitsmanagement. Dieses bietet als koordinierendes und prüfendes Instrument einen ganzheitlichen Blick auf das Thema Gesundheit. Das Betriebliche Gesundheitsmanagement wird von exzellenten Arbeitgebern als Taskforce genutzt, die sich intensiv mit dem Thema Gesundheit auseinandersetzt. In diesem Team wird die Kompetenz rund um psychische Gesundheit unternehmensintern gebündelt. Dazu zählt unter anderem, dass Kennzahlen, wie beispielsweise die Mitarbeitendenzufriedenheit oder die Krankheitsquote gemonitort werden, passende Angebotspakete an präventiven und akuten Maßnahmen geschnürt sowie Mitarbeitende und Führungskräfte bei Fragen und Problemen rund um das Thema Gesundheit professionell unterstützt werden.
Um sowohl frühzeitig als auch langfristig auf psychische Belastungen im Arbeitskontext reagieren zu können, ist die Implementierung von Frühwarnsystemen und die systematische Messung von Workload und Stressfaktoren von großer Bedeutung. In Teilen sind dies regelmäßige standardisierte Umfragen zu Work-Life Balance und Stress sowie turnusmäßige Analysen zu Krankenstand und Arbeitszeiten. Kleinere Unternehmen nutzen hierfür immer häufiger agile Verfahren wie regelmäßige Team Health Checks.
Im Alltag wird in Jour Fix Meetings auf Teamebene über ein Ampelsystem oder Angaben zum aktuellen “Akkustand” abgefragt, wie es allen gerade geht und wie Energie im Team verteilt sind. Dabei verschaffen sich die Führungskräfte gleichzeitig einen Überblick über die aktuelle Effektivität der Arbeitsverteilung und können auf etwaige Kapazitätsengpässe reagieren. Vielleicht kann auch direkt ein*e Kolleg*in mit einer “grünen Ampel” oder einem “volleren Akku” einspringen.
Auch ein aktives Management von Überstunden trägt zu einem gesunden Arbeitsumfeld bei. Dies kann auch durch regelmäßiges Monitoring und eine klare Regelung wie z.B. verpflichtender Überstundenabbau ab einem bestimmten Wert oder sogar eine “Keine-Überstunden-Regel” unterstützt werden. Führungskräfte treten hier sowohl in einer koordinierenden Rolle auf – denn natürlich müssen Workload und Ziele langfristig auch der regulären Arbeitszeit entsprechen – und sie nehmen auch eine Vorbildfunktion ein, indem sie den geforderten achtsamen Umgang mit den eigenen Ressourcen vorleben.
Um präventiv Belastungen und Erkrankungen vorzubeugen ist es wichtig, dass die Mitarbeitenden ein Bewusstsein für das Thema psychische Gesundheit erlangen bzw. vertiefen. Zu diesem Zweck organisieren sehr gute Arbeitgeber beispielsweise Kampagnen, Informationsformate als Vortrag oder Video oder ganze Themenwochen. Hierbei spielen auch die Themen Sensibilisierung und Entstigmatisierung eine große Rolle.
Auf ein grundlegendes Verständnis kann mit Seminaren und Schulungen zu verschiedenen Aspekten der Förderung von psychischer Gesundheit etabliert werden. Neben Themen, die vorwiegend den Umfang mit Stress adressieren, wie Resilienz, Achtsamkeit oder Yoga werden hier beispielsweise auch Vorträge zum Thema Pflege von Angehörigen und anderen potenziell psychisch belastenden Lebenslagen angeboten.
Noch weiter gehen sehr gute Arbeitgeber, wenn sie ihren Mitarbeitenden Unterstützung beim Umgang mit der Mental Load – also dem Ausbalancieren zahlreicher Aufgaben im Alltag – anbieten. Beispiele hierfür sind Angebote bei der Kinderbetreuung, ein Eltern-Kind-Büro, das Mitarbeitenden, die einen kurzfristiges Betreuungsproblem überbrücken müssen, nutzen können oder Familienservices und Employee Assistance Programme. Im Einzelfall bieten sehr gute Arbeitgeber auch Concierge-Services an, die den Mitarbeitenden z.B. kleinere Erledigungen wie den Einkauf oder den Gang zur Reinigung abnehmen.
Der Umgang mit Themen der psychischen Gesundheit reicht bei sehr guten Arbeitgebern weit über von einem Gesundheitsmanagement initiierten Veranstaltungen hinaus: Adressiert wird vielmehr die Rolle von Führung für eine gesundheitsförderliche Arbeitskultur. Es gilt diese durch Trainings und Coachings mit Kompetenzen auszustatten, um psychische Gefährdungspotentiale zu erkennen und entsprechend handeln zu können. Beispiele sind Schulungsangebote wie „Gesund Führen“, Ausbildung zum Ersthelfenden für psychische Erkrankungen, Ansätze des kollegialen Coachings, aber auch Angebote, die auf die Persönlichkeitsentwicklung von Führungskräften abzielen und diese unterstützen, ihre besonderen Stärken, Schwächen und Ressourcen zu kennen und zu achten und somit die eigenen Führungskompetenzen weiterzuentwickeln.
Auch eine sehr intensive Arbeit der Sensibilisierung und Prävention führt nicht dazu, dass psychische Erkrankungen verschwinden. An Mitarbeitende, die akut von psychischen Belastungen betroffen sind, richten sich vertrauliche Anlaufpunkte. Dies sind beispielsweise Führungskräfte, Vertrauenspersonen, Beratungsangebote von externen Dienstleistern oder Ersthelfer*innen für psychische Gesundheit. Entsprechend geschulte Personen sollen in der Lage sein, den Kolleginnen und Kollegen in ihrer Beanspruchungssituation zuzuhören, sie kurzfristig zu unterstützen und, sofern notwendig, in professionelle Hilfe zu vermitteln.
Darüber hinaus legen sehr gute Arbeitgeber sehr viel Flexibilität an den Tag, wenn es darum geht, Mitarbeitende in einer psychischen Belastungssituation zur Seite zu stehen. In vielen Kultur Audits, die wir im Rahmen unserer Benchmarkstudie Deutschlands Beste Arbeitgeber durchführen, wird von Fällen berichtet, in denen Arbeitszeiten ohne größere finanzielle Einbußen von den Mitarbeitenden vorübergehend deutlich reduziert werden, alternative Arbeitszeitmodelle oder Positionen im Unternehmen gefunden werden oder Mitarbeitende mit speziellen Coachings Hilfe erfahren. Nicht selten steht hinter solchen Fällen ein besonderes Engagement von Unternehmensleitungen, Führungskräften, aber auch Kolleginnen und Kollegen für Mitarbeitende in Notlagen, die durchaus prägend für die Arbeitsplatzkultur im Unternehmen sein können.
Abgerundet werden Maßnahmen rund um das Thema psychische Gesundheit mit Angeboten zur Wiedereingliederung für Mitarbeitende, die nach einer psychischen Erkrankung wie beispielsweise einer Belastungsdepression in die Organisation zurückkehren. Rückkehrgespräche, angepasste Arbeitszeitmodelle, regelmäßige Feedback-Gespräche mit der Führungskraft und Experten aus dem betrieblichen Gesundheitsmanagement sind Bestandteil eines strukturierten Wiedereingliederungsmanagements. Auch spezielle interne bzw. externe Beratungsangebote für diese Mitarbeitendengruppe, um ihre Bedürfnisse und Herausforderungen zu adressieren, sind in diesem Kontext durchaus üblich.
Funktionieren entsprechende Angebote zum Thema psychische Gesundheit in den meisten Unternehmen? Womöglich nicht oder nur teilweise. Die von Great Place to Work® ausgezeichneten Unternehmen sind durch eine ausgeprägte Vertrauenskultur charakterisiert. Diese basiert in der Regel auf einem verbindlichen Wertesystem, das Respekt, Vielfalt, Vertrauen und ein kollegiales Miteinander im Unternehmen fördert und fordert. Damit wird ein offener Umgang mit psychischer Gesundheit und Belastung bzw. Erkrankung erst möglich. Wichtig sind auch die Vorzeichen, unter denen die Maßnahmen stattfinden: Entsprechende Angebote sind so konzipiert, dass Mitarbeitende in Eigenverantwortung für ihre persönliche Gesundheit selbst entscheiden, inwieweit sie die Angebote nutzen. Und schließlich sind sich sehr gute Arbeitgeber der Grenzen ihrer Angebote und Kompetenzen bewusst. Ein Unternehmen bleibt eben eine Leistungsgemeinschaft und ist im Ernstfall keine therapeutische Einrichtung.
Wenn Ihnen das Thema psychische Gesundheit für Ihr Unternehmen wichtig ist, empfehlen wir zwei Maßnahmen zum Einstieg:
Sie wollen mehr über Gesundheitsthemen lesen? Hier geht´s zu unserer Themenseite psychische & physische Gesundheit.
Haben Sie Fragen oder möchten für hr Unternehmen einen individuellen Termin? Kontaktieren Sie unsere Consultants! Sie erreichen uns per Mail über: Consulting@greatplacetowork.de
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