Warum Organisationen einen Purpose brauchen

Hand mit Kompass im Wald

Autor

Sarah Nolte

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In einer komplexer werdenden Arbeitswelt setzen erfolgreiche Unternehmen zunehmend auf einen klar definierten Purpose. Diese Sinnorientierung bewirkt Identifikation ins Innere der Organisation und schafft eine Auszeichnung sowie Unterscheidung nach Außen.

Wo erleben Sie in Ihrem Alltag Sinn oder Erfüllung? Aus der Organisationsforschung wissen wir, dass sich dieses Gefühl zumindest im Arbeitskontext bei den wenigsten Mitarbeitenden einstellt – obwohl sich die meisten Menschen nach einer von Sinn erfüllten Arbeit sehnen. So zeigen z.B. Ergebnisse einer US-amerikanischen Studie, dass 90% der befragten Arbeitnehmer ihren Arbeitgeber wechseln oder auf einen Teil ihres Gehalts verzichten würden, um im Gegenzug mehr Sinn während der Arbeit zu erleben. Sinnerleben scheint also eine Art „psychologisches Einkommen“ zu sein, das uns im besonderen Maße zu Leistungserbringung und Engagement motiviert. Wir wollen spüren, dass das, was wir tun, einen Unterschied macht. Für die Menschen, mit denen wir arbeiten, für unsere Kunden – und auch für uns selbst. Wir wollen, dass unsere Arbeit Sinn ergibt!

Welche Bedeutung hat Purpose?

Wenn im Unternehmenskontext von Purpose gesprochen wird, dann ist damit zumeist ein höherer Zweck, eine Daseinsberechtigung des Unternehmens selbst gemeint. Oft auch als das „Why“ (Simon Sinek) bezeichnet, würde man im Deutschen eher von einem „Wozu“ sprechen: Wozu sind wir als Unternehmen in der Welt? Was genau wollen wir bewirken und für wen? Oder anders gefragt: Was würde die Welt vermissen, wenn es uns nicht mehr gäbe? Diese Daseinsberechtigung sichtbar zu machen, wirkt wie ein Ordnungsrahmen für Komplexität – eine Fokussierung auf das Wesentliche, den Kern einer Organisation.

Prinzipiell hat jedes System einen Purpose – die Frage ist nur ob er definiert ist und vor allem die Akteure in ihrem alltäglichen Handeln leitet. Wie das funktionieren kann, zeigt ein aktuelles Beispiel des Konzerns Beiersdorf. Zusammen mit den Mitarbeitenden wurde unternehmensweit ein neues Purpose-Statement entwickelt – „Care beyond skin“. Es verbindet Produktstrategie mit Unternehmensidentität („We are skin care“) und drückt die Grundhaltung aus, über das Kerngeschäft (die Pflege der Haut der Menschen) hinaus einen Beitrag zu leisten. Für die Mitarbeitenden untereinander, aber auch für das gesellschaftliche „Große Ganze“. Es geht um sinnstiftenden Kontakt im Unternehmen und über die Organisationsgrenzen hinaus. Mitarbeitende können sich diesen Purpose leicht merken/einprägen und werden aktiviert/angeregt, sich zu fragen: Wie trage ich in meinem Arbeitsalltag konkret dazu bei? Als innerer Kompass entfaltet der Purpose quasi eine individuelle Bedeutung für den Einzelnen und wird gleichzeitig ein Identifikationselement für Viele.

Und tatsächlich schaffen es solche Unternehmen, ihre sinnstiftende Energie in wirtschaftliche Leistungsfähigkeit umzuwandeln. In sinnorientierten Unternehmen

  • wächst der Unternehmenswert am Aktienmarkt 10 Mal stärker als in durchschnittlichen Unternehmen
  • wird 20 Prozent mehr Umsatz generiert als in vergleichbaren Unternehmen derselben Branche
  • tritt ein klar formulierter Purpose in 75 Prozent der Fälle mit einer hohen Mitarbeiterzufriedenheit auf
  • ist das Mitarbeiterengagement zu 1,4 Mal höher als in durchschnittlichen Organisationen
  • ist es 5 Mal wahrscheinlicher, dass Millenials bei einem Unternehmen bleiben, dessen Unternehmenszweck und -sinn stark zu ihnen passen

Diese aktuellen Forschungsergebnisse klingen vielversprechend. Doch wie lässt sich der immaterielle Purpose einer Organisation nun intern zum Leben erwecken, wie wird er anschlussfähig für die Mitarbeitenden?

3 Ansatzpunkte für mehr Sinn in der Arbeit

Eine schlechte Nachricht vorab: eine einfache, eindimensionale Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Zentral für das Verständnis von arbeitsbezogenem Sinnerleben ist, dass es eine positive Nebenwirkung verschiedener Faktoren ist. Zum Teil beeinflusst von den Aufgaben eines Mitarbeitenden selbst, zum Teil aus dem Kontext, in dem Arbeit stattfindet. Vor allem ist es wichtig zu verstehen, dass Sinn konstruiert wird. Er wird empfunden und existiert nicht außerhalb von uns wahrnehmenden Menschen. Die gute Nachricht: dieser Empfindungs- und Konstruktionsprozess kann von verschiedenen Seiten gefördert und unterstützt werden.

Drei mögliche Ansatzpunkte und Sofortmaßnahmen

  1. Die eigene Wirkung erfahren lassen: Ein starker Sinnstifter ist das Wissen und die Erfahrung etwas zu bewirken. Abgesehen von Beratern und Vertrieblern, die in ihrem Alltag regelmäßig dafür sorgen, dass eine Lösung oder Dienstleistung beim Kunden implementiert wird, gibt es viele Kollegen, die diese Wirkungserfahrung nicht machen können. Eine Idee, dies zu ändern, wären Exkursionen zu Kundenunternehmen oder Kurzpraktika, in deren Rahmen Mitarbeitende einen gewissen Zeitraum beim Kunden mitarbeiten. Idealerweise an der Schnittstelle zum Produkt bzw. der Dienstleistung des eigenen Unternehmens. Hierbei geht es um einen hilfreichen Perspektivenwechsel, das „Große Ganze“ zu durchdringen und die Wirkung des eigenen Beitrags im System zu verstehen.
  2. Purpose-Fit herstellen: Frederick Laloux, ein bekannter Pionier der New Work Bewegung, schlägt vor, den übergreifenden Sinn der Organisation dem individuellen Sinn der Mitarbeitenden anzunähern. Bei einer großen Übereinstimmung würden sich die „Sinneffekte“ verstärken. Für einen solchen Fit kann man schon früh etwas tun. Bereits in Bewerbungsgesprächen können Sie gezielt nach der individuellen Sinnkonstruktion des Bewerbenden fragen. Es gilt also nicht nur nach den Qualifikationen und Fähigkeitsbeschreibungen zu fragen, sondern auch herauszufinden, inwiefern die Sinn-­Ausrichtungen gegenseitig auf Resonanz stoßen und miteinander vereinbar sind
  3. Purpose-Routinen schaffen: Das eigene Sinnstatement herauszuarbeiten und zu visualisieren/zu finden oder aufzuschreiben, reicht nicht aus. Purpose sollte fixer Bestandteil der Kommunikation im Organisationsalltag sein, um die eigenen Alltagshandlungen permanent daran ausrichten zu können. Das kann z.B. über eine einfache Check-Out-Fragen in Regelmeetings passieren. Zum Ende eines Meetings geben alle Beteiligten ihre Einschätzung ab: Auf einer Skala von 1 (gar nicht) bis 10 (sehr gut) – inwieweit hat das Meeting unserem Purpose gedient? Die Moderation kann das Ergebnis für sich stehen lassen oder bei einer niedrigen Zustimmung ein kurzes Brainstorming anschließen. Gemeinsam werden Vorschläge gesammelt, um das nächste Meeting Purpose-dienlicher zu gestalten, um beim nächsten Meeting auf der Skala höher zu klettern. Es lohnt sich, die gesammelten Ideen beim nächsten Meeting sichtbar zu machen.

Die genannten Maßnahmen können Teil Ihres Purpose-Werkzeugskastens werden. Wichtig ist, dass nicht jede Methode für jede Organisation geeignet ist. Je nach Entwicklungsstand und Belegschaft können verschiedene Ansätze anschlussfähig sein.

Quellen:

  • pwc (2016): Putting Purpose to work: A study of purpose in the workplace
  • Havard Business Review; Ernst & Young (2015): The Business Case for Purpos

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