Equal Pay 4All – Warum Unternehmen die Lohnlücke schließen müssen

Equal Pay Day 2024: Was bedeuten Gender Pay Gap und Chancengleichheit im Rahmen einer modernen Arbeitsplatzkultur?
Happe group of office workers with one giving thumbs up

Autor

Bettina Meyer

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Der Equal Pay Day ist der Tag, ab dem es sich nach aktueller Berechnung des Gender Pay Gap für Frauen genauso lohnt, zur Arbeit zu gehen wie für ihre männlichen Kollegen – 2024 wird das der 6. März sein. Der Gender Pay Gap 2023 zeigt, dass Frauen in Deutschland im vergangenen Jahr durchschnittlich 18 Prozent weniger verdienten als Männer. Der Equal Pay Day ist also alles andere als ein Feiertag, sondern soll über die geschlechtsspezifische Lohnungleichheit aufklären, indem er den Lohnunterschied visualisiert: 18% sind auf ein Jahr gerechnet immerhin 66 Tage „unbezahlte“ Arbeit von Frauen.

Auch wir nehmen den Equal Pay Day zum Anlass, über faire Bezahlung zu sprechen. Der folgende Blogbeitrag gibt einen Überblick über relevante Fakten und Fragen rund um das Thema Gender Pay Gap. Wir zeigen auf, wie Arbeitgeber die Gleichstellung von Frauen und Lohngerechtigkeit im Rahmen einer exzellenten Arbeitsplatzkultur fördern können – und warum sich die Auseinandersetzung mit diesen Themen letztlich für alle lohnt.

Gewinnen Sie im Blogbeitrag Einblicke in die folgenden Themen:

  • Warum und wie sollten wir über geschlechtergerechte Bezahlung sprechen?
  • Faktencheck: Was ist der Gender Gap? Welche Zahlen sind relevant?
  • Warum sollten Arbeitgeber handeln?
  • Wie hängen Gender Pay Gap und Unternehmenskultur zusammen?

Let’s talk about Equal Pay - faktenbasierte Analysen sind die Basis für Veränderungen

Der Begriff Gender Pay Gap ist seit Jahren in aller Munde. Manch ein*e Leser*in mag sich an dieser Stelle bereits die Frage stellen, ob die Thematisierung des Gender Pay Gap überhaupt – oder auch im Jahr 2024 noch – so wichtig ist. Great Place to Work beantwortet diese Frage mit einem klaren “Ja! Im Sinne des 4All-Modells verstehen wir Chancengleichheit, Gleichstellung und Inklusion als Teil einer exzellenten Arbeitsplatzkultur für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Entgeltungleichheit wirkt sich nach wie vor stark auf die Erwerbs- und Lebenschancen von Frauen aus und stellt eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung dar. Arbeitgeber haben vielfältige Möglichkeiten, durch gezielte Personal- und Kulturmaßnahmen zu einer gemeinsamen Lösungsstrategie beizutragen.

Private und öffentliche Diskussionen zum Thema geschlechtergerechte Entlohnung sind oft von starken Emotionen und gegensätzlichen, teilweise extremen Meinungen geprägt. Ein lösungsorientierter und respektvoller Austausch unterschiedlicher Standpunkte wäre wünschenswert und wichtig. Faktisch gibt es in Deutschland einen hohen Gender Pay Gap, der sich seit Jahren nicht verändert hat. Die tatsächliche Interpretation der Zahlen gestaltet sich jedoch deutlich vielschichtiger, als es im Diskurs um die bestehenden Entgeltunterschiede zwischen den Geschlechtern häufig dargestellt wird. Die hohe Komplexität des Themas erschwert eine zielführende Diskussion zwischen verhärteten Fronten. Der Dialog kann nur auf einer wissenschaftlich fundierten, gemeinsamen Gesprächsbasis gelingen. Um an der Entwicklung von Lösungsstrategien mitzuwirken und eine exzellente Arbeitsplatzkultur für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Unternehmen zu generieren, sollten auch Arbeitgeber den Sprung in den „Faktendschungel Gender Gap“ wagen.

Was ist der Gender Pay Gap? Welche Zahlen sind ausschlaggebend?

Wenn vom Gender Pay Gap die Rede ist, ist in der Regel der unbereinigte Gender Pay Gap gemeint. Dieser beschreibt den Verdienstunterschied der Bruttostundenverdienste von Frauen und Männern und lag im Jahr 2023 bei 18 Prozent. Der deutsche Gender Pay Gap ist damit im vierten Jahr in Folge unverändert und im europäischen Vergleich sehr hoch – Deutschland gehört seit Beginn der Datenerhebung zum Gender Pay Gap zu den „Bottom 5“ der Lohnungleichheit. Worauf ist dies zurückzuführen?

Ein Teil der geschlechtsspezifischen Verdienstunterschiede kann ursächlich auf externe Faktoren zurückgeführt werden, wie z.B. die unterschiedliche Berufswahl von Männern und Frauen. So lässt sich in Deutschland ein großer Teil des Verdienstunterschieds dadurch erklären, dass Frauen in geringerem Stundenumfang – dem klassischen Teilzeitmodell – arbeiten, seltener in besser bezahlten Führungspositionen vertreten sind und häufiger Tätigkeiten nachgehen, die vergleichsweise schlecht bezahlt sind, wie zum Beispiel in Gesundheits-, Erziehungs- oder Pflegeberufen.

Der sogenannte bereinigte Gender Pay Gap berücksichtigt daher diese strukturellen Unterschiede und gibt eine Vergleichszahl für Männer und Frauen an, die innerhalb einer „vergleichbaren Qualifikation, Tätigkeit und Branche“ arbeiten. Dabei ist jedoch zu beachten, dass Verdienstausfälle, z.B. aufgrund von Elternzeiten, bisher statistisch kaum erfasst werden und daher ebenfalls in diesen Wert einfließen. Man spricht daher auch von einer Obergrenze der Entgeltdiskriminierung, wenn es um den bereinigten Wert des Gender Pay Gap geht.

Auch der bereinigte Gender Pay Gap – im Jahr 2023 immerhin noch 6% – kann also zunächst nicht mit einer rein „böswilligen“, durch patriarchale Strukturen getriebenen Diskriminierung von Frauen gleichgesetzt werden. Umgekehrt bedeutet die Rückführung geschlechtsspezifischer Entgeltunterschiede auf logisch und statistisch nachvollziehbare Gründe und Strukturen im unbereinigten Gender Pay Gap nicht automatisch, dass Geschlechtergerechtigkeit besteht.

Die eigene Berufswahl, Karriere- und Familienplanung oder die Aufteilung der familiären Aufgaben sind höchst individuelle und private Entscheidungssituationen – und sollten es auch bleiben.

Untersuchungen zu den Hauptfaktoren des Gender Pay Gaps machen jedoch deutlich, dass diese Entscheidungen nicht ausschließlich nach individuellen Präferenzen oder Bedürfnissen getroffen werden, sondern auch stark von gesamtgesellschaftlichen Faktoren beeinflusst werden. So beeinflussen beispielsweise geschlechtsstereotype Rollenbilder bereits die Ausbildung bestimmter Interessenprofile in der Schulzeit sowie die spätere Berufswahl von Männern und Frauen. Auch finanzielle Faktoren sind für eine Familie sehr relevant, wenn es darum geht, Kinderbetreuungszeiten und Arbeitsteilung zu vereinbaren. Ein knappes Kinderbetreuungsangebot sowie das für das deutsche Steuersystem typische Ehegattensplitting zugunsten der mehrverdienenden Person in der Partnerschaft sind z.B. von Wissenschaftler*innen vielfach kritisierte Einflüsse. Damit verbunden ist, dass insbesondere Mütter nach der Geburt des ersten Kindes häufig nur noch in Teilzeit arbeiten oder sich ganz aus dem Arbeitsmarkt zurückziehen.

Geringe Entlohnung, Renteneinbußen durch geringfügige Beschäftigung oder Erwerbsunterbrechungen und damit ein erhöhtes Risiko der Altersarmut, psychischer Druck durch Rollenstereotype im Arbeitsumfeld, Doppelbelastung durch Erwerbsarbeit und unbezahlte Care-Arbeit, Verlust von Weiterbildungs- und Aufstiegschancen während der Elternzeit: Dies sind statistisch belegte Beispiele für Herausforderungen, mit denen viele Frauen im Laufe ihres (Erwerbs-)Lebens immer wieder – und immer noch deutlich häufiger als Männer – konfrontiert sind.

Zusammenfassend lässt sich an dieser Stelle festhalten, dass die geschlechtsspezifischen Verdienstunterschiede auch bei vergleichbaren Tätigkeiten nach wie vor zu Ungunsten der Frauen bestehen. Es liegt auf der Hand, dass dieser Zustand nicht mit dem Gedanken von Fairness und Chancengleichheit im Sinne einer sehr guten Arbeitsplatzkultur für alle Beschäftigten – und nicht nur für bestimmte Beschäftigtengruppen – vereinbar ist. Darüber hinaus sind die Ursachen für den Gender Pay Gap vielschichtig und komplex, zum Teil gesamtgesellschaftlich-strukturell bedingt. Kurzum: Es geht um weit mehr als nur um die Frage nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit – auch bei der Entwicklung konkreter Lösungsstrategien. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema Gender Pay Gap betrifft und lohnt sich daher auch für Organisationen, die im Rahmen einer etablierten Arbeitsplatzkultur bereits viele Schritte für die Zufriedenheit und Chancengleichheit ihrer Mitarbeitenden unternehmen.

Verringerung des Gender Pay Gaps im Rahmen einer Arbeitsplatzkultur, die das Prinzip der Vielfalt lebt - warum sollten Arbeitgeber hier aktiv werden?

Durch gezielte Maßnahmen können Arbeitgeber nicht nur dazu beitragen, den Gender Pay Gap zu verringern, sondern auch langfristig Vorteile für das Unternehmen und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schaffen.

Frauen sind eine wichtige Ressource und wertvolle Arbeitskräfte. Obwohl Frauen in MINT-Berufen nach wie vor unterrepräsentiert sind, scheint sich diese Erkenntnis bereits durchgesetzt zu haben. Die Bemühungen um weibliche Arbeitskräfte durch gezielte Rekrutierungs-, Mentoring- oder Trainingsprogramme sind hier besonders hoch. Auch für Berufsfelder mit einem weniger ausgeprägten „War for Talents“ ist die erfolgreiche Rekrutierung und langfristige Bindung von Frauen von hoher Relevanz – denn der Fachkräftemangel ist bereits heute allgegenwärtig und wird sich im Zuge des demografischen Wandels in den kommenden Jahren weiter verschärfen. Auch die Fachkräftestrategie der Bundesregierung (2022) benennt Diversity in diesem Zusammenhang als „wichtigen Beitrag zum Unternehmenserfolg“.

Der deutsche Arbeitsmarkt ist in besonderem Maße von kleinen und mittleren Unternehmen geprägt, die laut Statistischem Bundesamt (2024) rund 56% aller Beschäftigten stellen. Gesetzliche Maßnahmen wie das Entgelttransparenzgesetz oder die sogenannte Frauenquote in Aufsichtsräten betreffen jedoch aufgrund ihrer Größe nur sehr wenige dieser Unternehmen. Zudem ist ihre Wirkung auf die Verringerung der Entgeltungleichheit bislang umstritten. Insbesondere Arbeitgeber in der Privatwirtschaft, in der der Gender Pay Gap deutlich höher ist als z.B. im öffentlichen Dienst, können daher mit der freiwilligen Umsetzung von auf die eigene Organisation zugeschnittenen Gleichstellungsmaßnahmen viel bewegen. Eine aktuelle Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (2023) konnte nachweisen, dass sich der Gender Pay Gap durch betriebliche Gleichstellungsmaßnahmen verringert – je stärker, desto mehr Maßnahmen wurden kombiniert.

Auch unsere eigenen Daten deuten darauf hin, dass die Lohnlücke durch eine breite Palette von Personal- und Kulturmaßnahmen verringert werden kann. So liegt die Zustimmung zur wahrgenommenen Vergütungsgerechtigkeit unabhängig vom Geschlecht der Mitarbeitenden am eigenen Arbeitsplatz bei den 100 Besten Arbeitgebern 2024 deutlich über dem Referenzwert deutscher Unternehmen. Dies gilt für Frauen und Männer gleichermaßen. Auch wenn aus diesem Item nicht auf die tatsächliche Entgeltlücke geschlossen werden kann, implizieren diese Werte eine hohe Zufriedenheit der Mitarbeitenden mit der Vergütung. Die als sehr gute Arbeitgeber ausgezeichneten Unternehmen weisen nicht nur insgesamt eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit auf, sondern viele können im Rahmen der qualitativen Analyse des Great Place to Work Kulturaudits auch mit einem überdurchschnittlichen Angebot an arbeitsplatzkulturellen Maßnahmen und Programmen überzeugen.

Im Ergebnis zeigen unsere Daten, dass es einerseits sinnvoll ist, gezielte Maßnahmen zur Verringerung des Gender Pay Gaps zu ergreifen – denkbar sind hier Analysen der aktuellen Gehaltsstruktur, deren Ergebnisse intern kommuniziert werden, und verbindliche Verfahren zur Gehaltsfindung, in die sowohl Führungskräfte als auch Vertreter*innen der Belegschaft einbezogen werden. Auf der anderen Seite können solche Maßnahmen zu kurz greifen. Erfolgreiche Unternehmen gehen weiter und schaffen eine Kultur, in der sich alle Mitarbeitenden unabhängig von ihrer Position und Persönlichkeit fair behandelt fühlen und Entwicklungsmöglichkeiten erhalten. Es geht also nicht nur um Lohngerechtigkeit, sondern auch um entsprechende Standards bei der Rekrutierung und Beförderung, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen und Männer, um die gezielte Förderung von Kompetenzen und vieles mehr.

Fazit: Es gibt keine guten Gründe, den Gender Pay Gap nicht anzugehen

Unternehmen, die eine mitarbeiterorientierte Arbeitsplatzkultur etablieren wollen, kommen um die Frage nicht herum, inwieweit die eigene Entgeltstruktur einen Gender Pay Gap beinhaltet. Der Umgang mit dem Thema Gender Pay Gap kann für Unternehmen zweifellos herausfordernd sein. Trotz der Komplexität und des Konfliktpotenzials birgt eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Thema Entgeltgleichheit und Chancengleichheit auch ein großes Potenzial für Arbeitgeber. Attraktive Arbeitgeber von heute und morgen bieten ein Arbeitsumfeld, das Frauen und Männer gleichermaßen wertschätzt und in ihrer beruflichen und persönlichen Entwicklung unterstützt.

Sie möchten wissen, inwieweit Ihre Entgeltstrukturen den Grundsätzen der Lohngerechtigkeit entsprechen? Die Fair Compensation Zertifizierung, die Great Place to Work gemeinsam mit Kooperationspartnern anbietet, zeigt Ihnen, wo Sie stehen.

Quellen und Weiterführende Informationen:

Allgemeine Zahlen und Fakten zum Thema GPG:

Equal Pay Day (2024): https://www.equalpayday.de/ 
Statistisches Bundesamt (2024): https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Verdienste/Verdienste-GenderPayGap/_inhalt.html
Studie Mutterschaft und ErwerbslebenBertelsmann-Stiftung

Barisic, M., Sara Consiglio, V. (2020): Frauen auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Was es sie kostet, Mutter zu sein. https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/frauen-auf-dem-deutschen-arbeitsmarkt-1
Fachkräftestrategie der Bundesregierung:

BMAS (2022): https://www.bmas.de/DE/Service/Publikationen/Broschueren/fachkraeftestrategie-der-bundesregierung.html
Studie Gleichstellungsmaßnahmen in Unternehmen:

Collischon, M. & Zimmermann. F. (2023): Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern: In Betrieben mit Gleichstellungsmaßnahmen ist die Verdienstlücke kleiner. (IAB-Kurzbericht 17/2023), Nürnberg, 8 S. DOI:10.48720/IAB.KB.2317

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