Was nützt eine gute Kultur? – Interview

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Autor

Andreas Schubert

Angelika Neumann

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Interview von Angelika Neumann mit Andreas Schubert über die Themen Arbeitskultur, Kulturentwicklung und Unternehmensbefragungen.

Interview von Angelika Neumann mit Andreas Schubert

Wenn man über Kultur mit Unternehmen spricht, kommt immer wieder die Frage: Was bringt das?

Andreas Schubert: „Wir Unternehmer denken ja immer bottom line: Wo kommt das in Zahlen wieder heraus? Das ist eindeutig belegt: Die Unternehmen, die wir auszeichnen, erwirtschaften eine doppelt so hohe Umsatzrendite. Der Krankenstand ist 75 % unter dem des deutschen Durchschnitts. Die Unternehmen haben eine 50 % geringere Fluktuationsquote.

Die Ergebnisse sind so signifikant, dass uns eine Deutsche Investmentgesellschaft angeschrieben hat. Diese Gesellschaft will einen Nachhaltigkeitsfonds aufsetzen und wollte dafür die Great Place to Work® Daten analysieren.

Das Ergebnis hat sie überrascht. Die Börsenperformance dieser Unternehmen konnte so scharf prognostiziert werden, dass es nun sehr zeitnah einen deutschen Investmentfonds geben wird, der gezielt in Great Place to Work® Unternehmen investieren wird. Kultur ist ein ganz wichtiger prognostischer Faktor für unternehmerischen Erfolg. Also die Frage, dass Kultur wirkt, steht fest. Es ist ein Investment, das sich lohnt.“

Wird Ihnen die Frage, was Kultur bringt, überhaupt noch gestellt?

Andreas Schubert: „Ich muss sie immer wieder beantworten und deswegen tue ich das auch geduldig, weil es immer noch Menschen gibt, die es nicht glauben.

Wir stellen immer wieder fest, dass eines der wichtigsten Kulturqualitäten Vertrauen ist. Vertrauen, das ist der kulturelle Schmierstoff. Vertrauen ist die Basis, auf der Innovationen und Entwicklung bzw. Veränderung stattfindet. Es gibt natürlich auch viele Manager die eine andere Managementausbildung genossen haben, wo das als Prinzip nicht benannt ist. Insofern muss man es sich erst einmal bewusst machen: Kultur ist ein wichtiger Beitrag zum Erfolg.

Unabhängig davon sind wir alle uns einig: Man kann nicht nur auf Kultur setzen und dann glauben, dass sich Erfolg von selber einstellt. Es braucht sowohl eine besondere Kultur als auch die richtigen Strategien und Produkte und Leistungen. Alle Themen sind exzellent zu besetzen.“

Lassen Sie uns bitte das Ergebnis der Fondsgesellschaft genauer ansehen.

Andreas Schubert: „Das Ergebnis der Analyse zeigt, dass Unternehmen, die die wir auszeichnen, eine doppelt so hohe Börsen-Performance haben, wie der Markt. Gleichzeitig sehen wir, dass die Unternehmen, die langfristig an dem Thema dranbleiben, das nochmal deutlich steigern können.“

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Haben Sie diese Untersuchung differenziert nach Branchen?

Andreas Schubert: „Das kann man nach Branchen differenzieren. In dieser Analytik sind alle weltweiten Unternehmen zusammengenommen worden. In dieser Analyse wurde überprüft, wie robust ist der Indikator Kultur weltweit und branchenübergreifend.

Sie arbeiten mit Unternehmen aus ganz unterschiedlichen Branchen. Darunter finden sich Branchen, die gerade auf Wachstumskurs sind, aber auch Branchen, die in einem Verdrängungswettbewerb stehen. Wie sieht es bei letzteren aus?

Andreas Schubert: „Wir haben zum Beispiel die Gesundheitsbranche, die zwar auf Wachstum liegt, aber die in einem enormen wirtschaftlichen Wettstreit stehen. Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen mit einer guten Kultur realisieren ebenfalls deutlich bessere Ergebnisse als die Konkurrenz. Dies zeigt sich in der Patientenzufriedenheit aber auch in deren Möglichkeit neue Fachkräfte zu gewinnen und zu sichern. Gerade letzteres ist eine enorme Herausforderung in dieser Branche.

Es gibt aber auch andere Branchen. Vor kurzem habe ich zum Beispiel Pixum kennengelernt. Pixum stellt Fotobücher her. Das ist ein hart umkämpfter, aggressiver Markt. Es geht dort um Wettbewerbsfähigkeit in einem Verdrängungsmarkt. Und dort wirkt die Kultur auch. Sie sind erfolgreicher als andere. Sie entwickeln immer wieder neue besondere Angebote und Produktideen. Am besten ist eine Kultur, die eben auch die Innovationsfähigkeit fördert.

Betrachten wir die erlebte Kultur in den Brachen im Durchschnitt, so gibt es natürlich deutliche Niveauunterschiede. Es gibt Branchen, in denen das Gesamtniveau deutlich unter denen von anderen ist. Spannenderweise stellen wir jedoch immer wieder fest: In der Exzellenz verschwindet dieser Brancheneffekt. Konkret im Beispiel: ein exzellentes Pflegeunternehmen erreicht in den Kulturindikatoren einen ebenso hohen Wert wie ein IT-Unternehmen. Hier macht es kaum mehr einen Unterschied, aus welcher Branche das Unternehmen stammt.“

Ich habe viele Projekte im Bereich distressed M&A gemacht, also mit Unternehmen, die Insolvenz angemeldet haben. Dabei habe ich auch Unternehmen mit einer guten Kultur kennengelernt. Dennoch sind sie in die Insolvenz gegangen. Das heißt irgendetwas hat dann doch nicht gestimmt. Entweder ist der Markt sehr plötzlich weggebrochen oder sie haben nicht rechtzeitig die Strategie überdacht.

Meine Hypothese ist, wenn man eine gute Kultur hat und die Mitarbeiter mit einbezieht, um rechtzeitig Alarmsignale des Marktes wahrzunehmen, dann können Unternehmen in vielen Fällen auch aus der Krise herauskommen ohne in die Insolvenz zu gehen.

Andreas Schubert: „Das ist wohl richtig. Dennoch können manchmal wirklich Märkte wegbrechen oder es gibt eine Abhängigkeit von 3 oder 4 Kunden und plötzlich brechen die weg. Das ist unternehmerische Realität. Man kann nicht sagen, Kultur ist der Schutzschild gegen Alles. Sie ist die richtige Basis, um auch offen für Veränderung und einer kritischen Auseinandersetzung mit dem eigenen Geschäft zu sein und früh die richtigen Weichenstellungen zu legen.

Aktuell geht es in sehr vielen Unternehmen um die Frage der Digitalisierung. Da stellt sich für viele die Frage: Ist man fähig, sich selbst zu disruptieren, bevor es andere tun? Ist man fähig und willig einen offenen Diskurs zu führen. ‚Stellt euch vor unser Geschäftsmodell ist in zwei Jahren nicht mehr da. Die Geschäftsgrundlage ist weg. Wie stellen wir uns anders auf?‘

Eine solche Diskussion braucht Vertrauen. Sie braucht eine Kultur, in der man sagen kann: Ich stelle hier alles in Frage! Das geht nur, indem man einen offenen Dialog führt – nicht jeden Tag, aber früh genug und intensiv genug.

Ich habe Gespräche mit verschiedenen Unternehmen, die sagen: Unsere Geschäftsgrundlage ist in fünf Jahren nicht mehr da. Dann müssen sich Unternehmen neu erfinden. Da werden manchmal Garagen in Coworking Center umgewandelt. Hier sind auf jeden Fall kreative Lösungen gefragt.“

Wenn ein Unternehmen anfängt, die Kultur zu verbessern, dann wollen sie wissen, ob die Maßnahmen schon wirken? Was empfehlen Sie diesen Unternehmen. Woran erkennen sie die Veränderung zuerst?

Andreas Schubert: „Die erste wichtige Wirkung ist, ob die Menschen im Unternehmen die Veränderung spürbar erleben. Das kann man belastbar messen, daher messen wir die Kultur. Das ist ein sehr wichtiger Indikator.

Kulturentwicklung ist keine Rocket Science. Es geht darum, ein Verständnis dafür zu entwickeln:

  1. Was macht uns erfolgreich?
  2. Welche Kultur brauchen wir, um diesen Erfolg nach vorne zu bringen?

Diesen Dialog mit den Menschen im Unternehmen muss man führen. Man muss die Menschen einfach fragen: Was braucht ihr, um exzellente Arbeit zu leisten? Wir machen dafür Befragungen. In Wettbewerben sind das standardisierte Befragungen. Wir machen aber auch viele individuell für die Unternehmen angepasste Befragungen. Als Ergebnis sehen wir die Indikatoren und können ableiten, an welchen Stellschrauben zu drehen ist.“

Wie häufig würden Sie eine Befragung machen?

Andreas Schubert: „Da hat jedes Unternehmen seinen eigenen Rhythmus. Ich persönlich finde jedes Jahr mindestens geeignet. Jetzt kann man streiten: Muss man die Befragungen ständig machen? Muss man es monitoren? Ich glaube, es reicht einmal im Jahr eine gemeinsame Befragung, um die erlebte Kultur als Ganzes zu erfassen und weiter zu entwickeln. Unterjährig ist dann aber der Dialog und die Nachfassung gefordert, ob die beschlossenen Dinge auf den Weg gebracht werden.

Eine Befragung ist wie eine koordinierte Entwicklungs-Kampagne bzw. Initiative. Das Unternehmen sagt ja damit: Wir wollen, dass alle Mitarbeitende eingebunden werden und dass wir in eine systematische Entwicklung gehen und dass diese auf belastbaren Ergebnissen beruht. Von dort aus gehen wir zielorientiert die nächsten Schritte.

Tatsächlich kann man Kultur nach bewährten Management-Instrumenten entwickeln, d. h. sie messen, entwickeln und nachsteuern. Diese Mechanismen, die ja in den Unternehmen wohl etabliert sind, zu bedienen, das ist sehr hilfreich.“

Vielen Dank für das interessante Gespräch, lieber Herr Schubert.

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