„Auf Führung sind die wenigsten vorbereitet“

young nurse taking care of an old lady who is sitting and smiling

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Autor

Frank Hauser

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Für den Bereich Gesundheit und Soziales bietet Great Place to Work® seit Jahren seine Expertise an. Welche besonderen Herausforderungen und Lösungsansätze gibt es hier? Frank Hauser im Gespräch mit PflegeManagement

PflegeManagement: Die Pflege­offensive der Bundesregierung wird viel diskutiert, wie wird sie von Ihnen bewertet?

Frank Hauser: Ich glaube, wer sich mit der Pflege beschäftigt, wird jede Initiative begrüßen, die versucht, Pflegeberufe attraktiver zu machen und die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten zu verbessern – sie haben es verdient. Die Bundesregierung hat ja eine ganze Reihe von Handlungsfeldern benannt. Für mich, der sich mit Unternehmens­ und Arbeitsplatzkultur beschäftigt, ist „Personal­, Gesundheitsmanagement und Ar­beitsschutz“ besonders interessant. Und hier die Handlungsfelder „Kompetente Führung“ und „Wertschätzung und Anerkennung“.

PflegeManagement: Ihr Unternehmen, Great Place to Work®, führt Mitarbeiterbefragungen durch, analysiert die Personalmaßnahmen und berät bei der Kulturentwicklung. Wie nehmen Sie die Situation in der Pflege wahr?

Frank Hauser: Die gute Botschaft: Es gibt bereits Einrichtungen, die von ihren Beschäftigten als ausgezeichnete Arbeitgeber erlebt werden. Viele machen sich aber erst jetzt ernsthaft auf den Weg und den erleben sie oft als schwer. Attraktiv sein zu wollen und mit Ausdauer daran zu arbeiten, sind zwei verschiedene Dinge. Nehmen wir „Kompetente Führung“. Wer in die Pflege geht, möchte anderen Menschen helfen. Auf eine Führungsbeziehung zu Mitarbeitern werden aber die wenigsten Führungskräfte in der Pflege ausreichend vorbereitet. Hinzu kommt, dass die verschiedenen Interes­sensgruppen immer anspruchs­voller werden: die Angehörigen, die Prüfungen durch die Kassen, der Medizinische Dienst oder eben die eigenen Mitarbeiter, die unter enormem Druck stehen, was sich in Krankentagen und zunehmenden Langzeiterkrankungen spiegelt. Viele Führungskräfte kommen nicht von außen, sie waren vorher Kollegen und Kolleginnen und müssen jetzt Führungsverantwortung übernehmen. Das haben sie aber nicht gelernt, was auf Ebene der persönlichen Kompetenz eine enorme Herausforderung darstellt. Die Beziehungsebene ist in der Pflege besonders wichtig, als Führungskraft aber nicht alleine ausreichend. Viele müssen in ihrer Rolle noch mehr Sachorientierung lernen und teilweise auch die Beziehung zu den Mitarbeitern weiterentwickeln – ohne ihre Authentizität zu verlieren. Den meisten Einrichtungen fehlt zudem die Fokussierung auf die klassische „Führungsentwicklung“. Es gibt kaum durchdachte Führungsnachwuchsprogramme, um die Mitarbeiter mit Potenzial zu entwickeln. Hierbei sollte es weniger um die fachliche, sondern mehr um die persönlichen Kompetenzen gehen. Unsere Untersuchungen zeigen, dass es möglich ist, den Arbeitsplatz attraktiv zu gestalten und Führungskräfte zu entwickeln, wenn man sich dafür engagiert.

PflegeManagement: Was machen sehr gute Einrichtungen anders?

Frank Hauser: Das Spektrum der Einrichtungen, mit denen wir zusammenarbeiten, ist ja sehr breit: Es reicht von kleineren Einrichtungen, wie dem Lukas­Hospiz oder ambulanten Pflegeeinrichtungen mit 20 Mitarbeitern, über Kliniken und Seniorendienste, wie das Alice­Hospital oder die St. Gereon Seniorendienst mit mehreren hundert Angestellten, bis zu regionalen Wohlfahrtsverbänden wie dem Caritasverband Olpe mit bis zu 1.500 Mitarbeitern. Wir stellen fest, dass die Größe einer Einrichtung aber nicht entscheidend ist, wenn man Kultur oder Führungskräfte weiterentwickeln möchte. Ein wichtiger Anfang ist gemacht, wenn man der Aufgabe Aufmerksamkeit gibt und in den Austausch geht.

PflegeManagement: Haben Sie ein paar Beispiele aus der Praxis?

Frank Hauser: Die Johannes Diakonie Moßbach hat zum Beispiel einen Führungskompass. In Gesprächsrunden werden Situationen aus dem Alltag simuliert, um einen Eindruck zu bekommen, was es bedeutet, „in Führung zu gehen“. Im Anschluss erhält jeder Teilnehmer ein Feedback, ob er sich eher für eine Fach­ oder Führungsaufgabe eignet und an welchen Stellen seine Kompetenzen weiterentwickelt werden können. Die Schön Klinik führt regelmäßig Führungsworkshops durch, um Führung mit all seinen Herausforderungen im Pflegealltag zu thematisieren: Welcher Führungsstil ist der richtige, wie schaffe ich Vertrauen, sind Fragen, die behandelt werden. Exemplarisch und weitergehend sind die Maßnahmen des Caritasverbands Olpe, weil hier ein „lebensphasen­orientiertes“­ Konzept zur Führungskräfteentwicklung verfolgt wird. Es gibt ein „Youngster­Programm“ für alle Pflegefachkräfte, die aus derAusbildung kommen. Hier wird mit modularen Elementen an fachlicher und persönlicher Kompetenz gearbeitet. Und das Programm beinhaltet auch begleitende Coachings für junge Nachwuchskräfte. Der „Führungskräfte­Nachwuchspool“ ist ein modulares Entwicklungsformat, das über ein Jahr läuft und in dem 15 Führungskräfte die Möglichkeit erhalten, sich in Methodenkompetenz und Sozialverhalten weiterzuentwickeln. Und dann gibt es ein „High­Potencial­Programm“: Hier werden Mitarbeitende, die bereits Führungserfahrung gesammelt haben und eine Management­Ebene anstreben, gezielt weiterentwickelt.

PflegeManagement: Sie sagen ja, dass ein Konzept zu entwickeln und Maßnahmen umzusetzen, für viele schwierig ist. Wo fängt man an und wo unterstützen Sie?

Frank Hauser: Die Mitarbeiter zu befragen und die Personalmaßnahmen zu analysieren, ist ein guter Ausgangspunkt, um heraus­zufinden, wo man steht – gleich­zeitig kann er der Auftakt zu einem systematischen Entwicklungsprozess sein. Bei diesem Prozess voranzukommen und „auf der Straße“ zu bleiben, unterstützen wir. Um gezielt die notwendigen Kompetenzen an Mitarbeiter und Führungskräfte zu vermitteln, haben wir die Great Place to Work® Academy gegründet. Und speziell für Führungskräfte gibt es mit Great Place to Work® Journey ein flexibles Entwicklungsprogramm für Führungskräfte, das ein einheitliches Führungsverständnis und wertorientierte Konzepte und Qualitäten vermittelt. Wir möchten so unsere mehr als 25­jährige Erfahrung auf dem Gebiet der Arbeitsplatzkultur weitergeben. Denn eine attraktive, gesunderhaltende und dadurch nachhaltig den Erfolg fördernde Kultur aufzubauen und zu pflegen, wird für Einrichtungen zukünftig eine Frage der Überlebensfähigkeit sein.

PflegeManagement: Herr Hauser, wir danken Ihnen für das Gespräch.

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